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WECHSEL
3 Fragen zur Herbstakademie 2024
Mit Franziska Steinhart, Ingrid Sturm & Sten Rudstrøm
Zum Start der 🌰 Herbstakademie 2024 wollten wir von den Trainer:innen wissen, was Ihre Gedanken zum Herbst und zu den Inhalten sind – und wie sich das diesjährige Thema: „Im Moment“ als roter Faden, in die einzelnen Workshops einfügt.
3 Fragen an Franziska Steinhart
1. 🌰 Ein Thema in deinem Kurs ist „Im Moment“ sein. Gibt es einen speziellen Grund, warum dir dieses Thema wichtig ist?
Franziska: Ui, da gibt es mehrere Antworten – die erste, die mir kommt: wenn ich beim Sprechen von Texten und im Spiel nicht von Moment zu Moment ‚bin‘, dann spreche ich ‚über‘ eine Erfahrung. Ich denke nach, statt in der Gegenwart zu sein. Ich bin nicht präsent in einem Dialog: ich verweile in der Vergangenheit oder Zukunft statt unmittelbar und impulsbereit für das gegenwärtige Geschehen zu sein.
Ich stehe nicht mit meinem ganzen schöpferischen Dasein dem Text zur Verfügung, sondern interpretiere ihn, wie ich ‚denke‘, dass es richtig ist, arbeite, um die ‚richtigen‘ Betonungen und den Melodieverlauf zu finden. Das kann sehr kunstvoll und in gewisser Weise beeindruckend sein. Wenn jedoch mein Ziel ist, Wahrhaftigkeit, Unmittelbarkeit, Sinnlichkeit und Authentizität in der Rolle und im Sprechen zu erreichen, dann ist dies in meiner Erfahrung nur über das ‚im Moment‘ sein zu verwirklichen. Das heißt übrigens, dass die Basis dafür eine sehr genaue Textarbeit sein sollte.
2. 🌰Ist der Herbst eine Inspirationsquelle für dich und in welcher Weise ist er mit deiner Arbeit verbunden?
Franziska: Herbst ist für mich eine Zeit des Aufbruches, Beginn von Neuem und gleichzeitig Erntezeit und langsames zur Ruhe kommen. Genauso ist es mit der Stimme und dem Sprechen: aus der lebendigen Ruhe gestalten. Und ich habe das ganze Jahr ein paar Kastanien in der Tasche um mich daran zu erinnern … Und nicht zu vergessen: Die Farben des Herbstes sind eine unendliche Quelle der Inspiration für die Klangfarben meiner Stimme.
3. 🌰Gab es eine bestimmte Erfahrung, wodurch du dich entschieden hast so intensiv mit der Linklater Voice Work zu arbeiten?
Franziska: Ja! Die Progression, der Seufzer der Erleichterung und das Training der Sinne und Unmittelbarkeit. Neben meiner tiefen Bereicherung meiner ‚Stimm-Persönlichkeit‘ durch die Linklater-Arbeit, habe ich mich vor 24 Jahren ganz bewusst für die Vertiefung des Linklater Voice Method Weg entschieden. Ich habe einige Stimm- und Sprechmethoden ausprobiert und dann war die Wahl zwischen Roy Hart Theater und Linklater Voice. Auch wenn ich heute noch Elemente des Roy Hart Theater sehr gerne verwende, habe ich mich entschieden, den Weg der Linklater Voice Method Trainerin zu gehen. Sie gibt mir täglich Struktur durch die klare und effektive Übungsabfolge und gleichzeitig bringt sie mich ebenso täglich zu neuen, frischen, interessanten Erfahrungen, die meine Schauspiel- und Coaching Arbeit inspirieren und beflügeln.
Herbstakademie – Dialogtraining mit Franziska Steinhart 20. – 22. September 2024
3 Fragen an Ingrid Sturm
1. 🌰Ein Thema in deinem Kurs ist „Im Moment“ sein. Gibt es einen speziellen Grund, warum dir dieses Thema wichtig ist?
Ingird: Im Moment sein ist der tollste Zustand. Man spürt, was wirklich in diesem Augenblick in einem selbst passiert. Man fühlt sich wirklich „echt“. Gleichzeitig hat man Zugang und Einblick in gefühlt alles. Scheint es mir zumindest. In der Rollenarbeit ist das der Ausgangspunkt dafür den Menschen, den ich da spiele, wirklich zu spüren und zu verstehen. Das viele draufsetzen und machen in einer Szene fällt von selbst weg. Ich bin in Verbindung zur Rolle und die Gesten, der Tonfall, die Körperlichkeit ergibt sich daraus von selbst. Präsenz ist eindeutig der wichtigste Teil im Spiel. Egal was man macht, das Publikum glaubt einem, ist mit einem in Verbindung. Jede noch so großartige Interpretation ist wirkungslos, wenn man sich nicht in dieser Präsenz befindet.
2. 🌰Ist der Herbst eine Inspirationsquelle für dich und in welcher Weise ist er mit deiner Arbeit verbunden?
Ingrid: Herbst ist für mich Verwandlung, tiefe Farbenpracht, Leuchten. Am allermeisten aber sind es die Kastanien. Besonders wenn sie noch in der Schale mit den Stacheln sind. Sie sind ein Sinnbild dafür, was in meiner Schauspielarbeit ganz im Mittelpunkt steht. Das Aufspringen einer harten Schale, das Öffnen, und das Sichtbar werden einer glänzenden Frucht. Dafür braucht es für die Schauspieler:innen auch die Einkehr, das nach innen gehen, was diese Jahreszeit nach dem extrovertierten Sommer ebenfalls ist. Meine wichtigste Devise ist: Ausdruck braucht auch die Gegenrichtung. Erst dann entsteht dieses gewisse Leuchten.
3. 🌰Gab es eine bestimmte Erfahrung, wodurch du dich entschieden hast so intensiv mit Method Acting zu arbeiten?
Ingrid: Ich habe in meiner eigenen Schauspielausbildung an der Hochschule bei der Rollenarbeit hauptsächlich die Anweisung bekommen „Stell es dir einfach vor“! Das war sehr frustrierend. Später erfuhr ich in der Method Acting Arbeit, dass dies ein Blödsinn war. Und was für einer! Denn manchmal funktioniert das und manchmal nicht. Außerdem sind die Ergebnisse auch immer etwas ähnlich. Ist auch klar, denn ich spiele ja grad, dass ich mir was vorstelle!
Aber was macht denn die Figur wirklich in der Szene? Die stellt sich nur selten etwas vor, sondern sie will was! Ich hatte das Glück, dass ich in Berlin von einem Schauspielkurs mit einem amerikanischen Method Acting Trainer hörte. Es war die Zeit, wo Lee Strasberg zum 1.Mal nach Deutschland kam, und seine Arbeit zeigte. Der Workshop, den ich bei einem seiner Trainer besuchte fand in Griechenland statt und wurde für mich zum großen Gamechanger. Endlich hatte ich die Antworten gefunden auf Fragen, die ich immer in mir herumgetragen hatte. Ich bekam jetzt eine organische Struktur dafür, wie ich mich einer Rolle nähern kann, sie wirklich erfühlen und füllen kann.
Die Kunst nicht zu Wissen wie ein Mensch sich verhält bis ich ihn wirklich erlebt habe hat so neue und beglückende Ergebnisse gebracht, dass ich wusste, diese Arbeit werde ich mir vollkommen aneignen. Das Theater „machen“ wurde jetzt Menschenforschung. Es hat meinen Blick auf die Schauspielkunst völlig verändert und ebenso mich als Mensch. Bisher tanzte ich nur auf der Oberfläche und wusste nicht, wie ich es ändern kann. Es war so befreiend.
Herbstakademie – Rollen erforschen mit Ingrid Sturm 23. – 26. September 2024
3 Fragen an Sten Rudstrøm
1. 🌰 The topic in your Workshop is ‘Being in the moment’. Is there a particular reason why this theme is important to you? Would you like to say something about it?
Sten: In normal consciousness, we only exist in one mental state at time; we are either situated in the present, comparing to the past or projecting into the future. This toggling back and forth happens constantly and we are actually only “present” for a few seconds. In order to improvise, I must be able to change my relationship to this chattering mind. I cannot stop it. It is always active but I can change how I relate to it. By becoming aware of the chatter, noticing it and how it affects me, I become more present to all that is occurring around me and inside me, and this awareness guides me into being more in the moment. Being in the moment offers me opportunities that are not restricted by the past or future.
2. 🌰 Is autumn a source of inspiration for you and how is it connected to your work?
Sten: Autumn, or fall, is one of the transistional seasons. It is a season dedicated to change, and represents the slow bend into the quieter season of winter. As all improvisation is about change, autumn’s display of transformation reminds us that we, too, are part of a cycle and our steadfastness about continuity is a folly. Our resistance to change is what produces a great deal of our pain.
3. 🌰Was there a particular experience that made you decide to work so intensively with the Action Theatre techniques? What was it like?
Sten: I took a workshop with Ruth Zaporah in Santa Monica, CA, in 1986. During the workshop in one of the exercises, I found myself hanging upside down half-off the stage screaming about not being able to find my glasses. I did not wear glasses at the time and the emotional state I found myself in was brand new to me. I realized then and there that the method offered me access to another world of performance.
Herbstakademie – Physical Theater Workshop mit Sten Rudstrøm 27. – 29. September 2024
Danke, Franziska Steinhart, Ingrid Sturm und Sten Rudstrøm, für das Interview. Wir freuen uns auf die Workshops!
Mehr über unsere Trainer:innen, deren Erfolge, Lebenswege und individuelle Schwerpunkte findest du auf unseren Portraitseiten: Franziska Steinhart, Ingrid Sturm und Sten Rudstrøm
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Ein Beitrag von Ingrid Sturm
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